Freitag, 9. Dezember 2011

Adele: Someone Like You


Sie ist wahrscheinlich die erfolgreichste Künstlerin des Jahres. Zumindest, wenn man Nachrichten über sie liest, dann geht es immer nur um Superlative: die erste britische Künstlerin, die innerhalb eines Jahres drei Millionen Exemplare eines Albums verkaufen konnte, die erste britische Künstlerin die in den U.S.A. zwei Nummer 1 Hits von einem Album landen konnte, die erste Künstlerin, die es schaffte 16 Wochen lang mit einem Album die britischen Charts anzuführen ... Adele hat Popgeschichte geschrieben. Vielleicht nicht ganz so deutlich in Deutschland, aber auch hier ist mit Someone Like You mittlerweile der dritte Titel zu einem eindeutigen Hit geworden, der im Verkauf genauso gut abschneidet wie beim Einsatz in den Medien. Adele ist auch in Deutschland ein Star, auf den sich irgendwie alle einigen können.

Es begann Anfang des Jahres mit dem großartigen Rolling In The Deep, welches im Februar für zwei Wochen an der Spitze der deutschen Singlecharts stand und bis heute unter den 100 bestverkauften Tracks der Woche zu finden ist. In ihrer Heimat Großbritannien setzte das richtig große Adele-Fieber schon etwas eher ein. Ende September 2010 sang sie in der britischen Variante von X Factor den Titel Make You Feel My Love von ihrem Debüt Album 19. Daraufhin war die Nachfrage nach dem Titel enorm und als das Album 21 folgte und spätestens als sie zur Verleihung der BRIT awards im Februar 2011 Someone Like You live interpretierte, war es eine regelrechte Adele-Hysterie die losgetreten war. Weder für ihre Alben noch für ihre Singles gab es nun ein Halten mehr.

In Deutschland dauerte es bis zum Herbst, ehe der Someone Like You als Single-Download stärker promoted wurde. Bis heute ist der Titel nicht auf CD-Single erhältlich. Und trotzdem gehört er zu den erfolgreichsten und beliebten. Offensichtlich tut sich nun auch in Deutschland ganz gehörig etwas auf dem Musikmarkt. Gerüchten zufolge wollen die Majors im Jahr 2012 die CD-Produktion mehr oder weniger einstellen. Im Fall von Adele und dem Independent-Label XL hat dieser Verzicht auf ein physisches Produkt bereits stattgefunden und bewiesen, dass es keinen größeren Schaden anrichtet. Ausholen könnte ich an dieser Stelle und noch einmal untersuchen, wo denn das so häufig behauptete gewaltige Innovationspotenzial der Majors liegt … Geschenkt!

Someone Like You ist eine wunderschöne, emotionale Piano-Ballade. Da gibt es nichts weiter als Adeles Stimme und das Klavier. Es ist auch ein wenig ungewöhnlich, dass eine solch sparsam instrumentierte Aufnahme derart erfolgreich ist. Bei Set Fire To The Rain und noch mehr bei Rolling In The Deep war die Instrumentierung und Produktion wesentlich pop-orientierter – insofern ist deren Erfolg weder verwunderlich. Der komplette Verzicht auf Geigen und Schlagzeug machen Someone Like You einzigartig. Und hier drückt sich vielleicht wirklich das aus, was in letzter Zeit unter dem Schlagwort Authentizität, Wahrhaftigkeit und Echtheit immer wieder durch irgendwelche Analysen und Medienberichte geistert. Natürlich ist auch Adele in gewisser Weise eine Inszenierung – aber eben eine, die auf etwas Natürliches, Echtes verweist. Und das auch (bzw. gerade) funktioniert im kleinen, überschaubaren Rahmen, im Club. Es ist also nur konsequent und richtig, dass Adele gern mal auf die großen Konzertbühnen verzichtet. Sie weiß nur zu genau, dass sie vor 20.000 Menschen eigentlich nur noch verlieren kann – zu viel Technik, zu viel Show wäre nötig um das zu vermittlen, was sie gern transportieren möchte.



Interessanterweise sind es ja gerade zwei Titel, die eine ähnliche Richtung beschreiben obwohl sie völlig verschieden sind. Lana Del Rey ist die andere Frau, bei der immer wieder die Begriffe Echtheit und Authentizität fallen – allerdings weil an ihr so gar nichts echt ist. Wahrscheinlich ist es genau deshalb auch völlig überflüssig beide zu vergleichen. Sie nebeneinander zu stellen erklärt trotzdem viel über unser Leben heute und unsere Sehnsüchte. Welche von beiden recht behält, wissen wir in ein paar Jahren.



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