Freitag, 1. Januar 2016

Shawn Mendes: Stitches

Und noch ein kanadischer Teenie, der die Mädchen in Verzückung versetzt. Sein Name: Shawn Mendes.

Einmal mehr ist es die Legende vom Internet-Star, der seine Coverversionen auf diversen Plattformen veröffentlicht, so eine Fangemeinde findet und schließlich seine eigenen Songs erfolgreich vertreiben kann. Der Traum schlechthin in der digital vernetzten Welt. Und da sich ja nun schon eine ganze Reihe von Acts so etablieren konnten, reißen die hochgeladenen Aufnahmen und Videos auch nicht ab. Weshalb besonders beliebte Melodien irgendwie schon Allgemeingut geworden sind, ehe man sie auch nur im Original zu Gehör bekam.

Etwa so ist es auch bei Stitches, dem Titel, mit welchem Shawn Mendes es gerade in der westlichen Welt zu ordentlichen Umsatzzahlen bringt. Kelly Marie aus Ohio hat genauso ihre Version hochgeladen wie Åke Knudson aus Jonköping. Mit etwas Glück erwischt man tatsächlich auch eine Version, die etwas Eigenes hat und sich angenehm von der Vorlage abhebt, eine neue Farbe hinzufügt und so vielleicht wirklich im Ohr hängen bleibt. Bei Alessia Cara und ihrem Portishead-Remake Here war das gerade vor wenigen Wochen ganz eindrucksvoll zu erleben. Bei Shawn Mendes ist mir dagegen noch kein Cover mit eigener Seele untergekommen.

Ich weiß nicht, ob das an der einmaligen Interpretation des jungen Kanadiers liegt. Oder tatsächlich lediglich an der Uninspiriertheit der Karaoke-Liebhaber*innen. Zumindest hat der 17-jährige stimmlich schon einigen Charakter mehr vorzuweisen als sein Vorgänger Justin Bieber (gut, der hat ja auch noch viel früher angefangen mit dem Singen als Idol).
Das passt dann ganz gut zu dem Text über Verletzungen und Gefühlsschmerz, den Shawn Mendes tatsächlich so singt, als hätte er ihn selbst geschrieben.

Dazu passend eine reduzierte Instrumentierung mit Akustik-Gitarre, Rhythmus-Claps und ein bisschen Background-Chor als Boden oder Gerüst. Was mich dann aber doch irritiert ist die sehr funkige Rhythmus-Orientierung. Kriege ich mit dieser fast schon tanzbaren Nummer meine Narben besser zum Heilen? Ist das der Tanz der Verzweiflung?
Oder sind wir hier Zeuge einer starken Zuversicht: auch wenn es jetzt so scheint, als würde ich ohne dich nicht leben können - ich werde es überleben, es gibt Erste Hilfe für das Herz und auch die tiefste Wunde kann heilen.

Da würden die Bilder aus dem Video ganz gut passen: auch wenn mich ein Schlag zu Boden streckt, ich stehe doch wieder auf.

Oder ist es sogar noch anders: Ich feiere, dass ich dich gefunden habe, auch wenn ich weiß, dass es früher oder später zu Ende gehen wird. Irgendwo gibt es auch dafür ein Pflaster.

Wow - das wäre mal ein souveräner und sehr eigener Zugang. Vielleicht fast schon zu abgeklärt, vielleicht auch ziemlich nahe dran am Superheroismus, der ja auch nicht nur toll ist. Aber irgendwie würde mir das schon gefallen. Klingt nämlich enorm zeitgemäß – und lässt trotzdem genügend Raum die superromantischen Momente zu genießen.

Also lasse ich mich von der flauschig-eingängigen Melodie einnehmen und bin gar nicht böse drüber, wenn diese uns in den nächsten Wochen immer wieder begleiten wird. Ein Popsong für das Jahr 2016.



PS: Natürlich weiß ich, dass der Erfolg von Teenie-Stars sehr oft nicht unbedingt was mit dem interpretierten Songmaterial zu tn hat. An dieser Stelle bin ich aber definitiv raus – ich frag mal in unserer Kindergruppe nach, was so toll an Shawn Mendes ist :-)

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