Freitag, 24. Januar 2020

Juju x Loredana:
Kein Wort



In Düsseldorf ist aktuell eine Ausstellung mit Werken von Angelika Kaufmann zu sehen, die selbige im Titel als Influencerin betitelt. Was prompt zu Diskussionen und Überlegungen über diese Spezies führt - großartig zu lesen oder zu hören die Ausführungen von Andrea Roedig. Und beim Konsum dieser Gedanken erwischeich mich bei der Frage: Ob Angelika Kaufmann im Jahr 2020 so einen Track aufgenommen hätte wie Juju x Loredana gerade? - Ich bin mir nicht sicher.

Umgekehrt wäre die Frage vermutlich: Ist das, was Juju und Loredana da nahezu stündlich auf die Menschheit loslassen Kunst?
Vermutlich würden sie das nicht einmal selber von sich behaupten. Kunst - was soll das sein? Und welche Relevanz hat das überhaupt? Hier geht's doch um Unterhaltung. Und um Selbstvermarktung.

Unter diesem Aspekt war es ohnehin nur eine Frage der Zeit, dass diese beiden Internet-Glamour-Girls zusammen in einem Topf landen. Wie die instant No.1 in Deutschland zeigt - eine durchaus schlagkräftige Mischung.

Überraschend für mich ist an Kein Wort wie ununterscheidbar die beiden plötzlich sind. Bislang hab ich das Gefühl gehabt - Loredana, das ist halt so eine nervige Göre, die eh schon alles hat und aus lauter Langeweile und Selbstverliebtheit nur sich selbst erträgt. Aber Juju - die hat noch was zu erzählen, die ist wirklich frech, denn ihr Rotzgörengehabe, das trifft den einen oder anderen Punkt von Benachteiligung oder gesellschaftlichen Scheiß-Zuständen. Bei Kein Wort denke ich plötzlich: Äh ... die haben ja wirklich nur sich selbst und ihr wieder mal ausgiebig zur Schau gestelltes MakeUp.

Na gut, mit ganz ganz viel gutem Willen lese ich aus dem Track richtig viel FrauenPower raus. Emanzipation von allem, was diese Männer-Welt so hervorgeracht hat. Inklusive Macho-Arroganz. Das kriegen Frauen mindestens genauso gut hin. (Ist natürlich auch nicht ganz neu, diese Erkenntnis - trotzdem funktioniert die Welt ja doch immer wieder nach Regeln von Typen)
Aber schon wenn ich auf die Produktion gucke, kommen mir Zweifel. Da stehen Miksu & Macloud. Ich hoffe, die wurden wirklich von den Mädels geholt und engagiert - nicht umgekehrt irgendwie so: Management sagt, das sind heiße Producer, die müssen jetzt mal den nächsten Track für euch machen ... Das wär dann nämlich nichts anderes als das Prinzip Frank Farian/Giorgio Moroder/Milli Vanilli. Nix da mit Emanzipation und Selbstbestimmung.

OK - hörn wir auf den Text. Der ist gleich doppelt absurd. Erstmal behaupten die beiden ja, es gäbe keine zweite Chance. Weil sie so einmalig sind. Klar! Wie gesagt, gerade mit diesem Track sind sich Loredana und Juju ja eher zum verwechseln gleich. Und das Styling ... naja, das ist so angesagt, das find ich ganz schnell in jeder dritten Insta-Story. Irgendwie scheinen sie was anderes zu meinen.

Dann der Part von Juju. Heult sie dem Typen wirklich hinterher?
"Ich bin savage, mich zu kriegen, war 'ne Challenge, Guck mal, was ich alles manage, keine Life-Work-Balance"
Wem erzählt sie das? Dem Idioten, dem sie grad zeigen will, dass er's nicht drauf hat? Immerhin hat er's ja geschafft, sie "zu kriegen". Allein dieser Ausdruck von einer Frau, die grad behauptet wie unabhängig sie ist. Und warum muss sie so einem Weichei, der offensichtlich keine Eier in der Hose hat, dann auch noch erzählen, was sie alles hinkriegt? Toughe Ladies sind anders drauf - sorry Mädels.

Letzter Versuch: Das Ganze ist ja nur ein Battle, ein Spiel. Dissen und rumposen gehört halt dazu. Das finden alle geil. Vor allem weil es nichts bedeutet. Und deshalb haben die beiden im Video immer mal auch Anwandlungen und machen auf coolen Rap-Move. Wirkt auf mich leider ganz schön daneben. Um nicht zu sagen peinlich.

Während ich all das hier schreibe, wird mir klar, was mir an Kein Wort so unbehagt. Ich fänd's einfach schön, wenn die Ladies nicht permanent versuchen würden, Jungs zu gefallen oder so zu sein wie Typen und den ganzen Scheiß einfach nochmal in rosa in die Welt setzen. Viel cooler wäre es, wenn sie sich wirklich darauf konzentrieren würden, was ihre Sprache, ihre Themen und ihr Ding ist. Das kann dann genauso laut und rotzig und lackiert und arrogant sein. Es wär trotzdem 1000x besser.


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