Freitag, 22. November 2013

Miley Cyrus: Wrecking Ball

Ist Miley Cyrus tatsächlich ein Star? Glaubt man dem Mediendschungel: Ja. Schaut man sich die Verkaufszahlen an, dann eher: Nein. Denn so einen richtigen durchschlagenden Hit gab es von ihr noch gar nicht. Und bis vor zwei Wochen, als sie bei Herrn Lanz in Wetten dass…!? auftreten durfte, zuckten vermutlich alle unter 18-jährigen eher mit den Schultern, wenn sie den Namen hörten. Und dabei gehört Miley Cyrus in Nordamerika zu den Ultra-Top-Verdienerinnen des Show-Biz. Sogar schon seit Jahren.

2007 startete ihr Ruhm mit der Fernsehserie Hannah Montana in der sie die Titelfigur verkörperte. Laut wikipedia war diese Serie auch die mit den höchsten Einschaltquoten des Disney Chanels überhaupt. Auch in Deutschland waren die 11- bis 14-jährigen Mädchen gern von Hannah Montana angetan. Alle anderen ließ die Serie und die Figur eher kalt.

Dank doch recht kalter Vermarktung durch ihren Vater Billy Ray Cyrus (immerhin auch selbst mal als Chart-Act mit Achy Breaky Heart unterwegs gewesen) und die Maschinerie des Disney-Konzerns wurde aus Miley Cyrus tatsächlich ein überaus erfolgreiches Produkt gemacht. Freilich vor allem in der für sie vorgesehenen Nische der Teenie-Mädels. Umsatz hat das dennoch ordentlich gebracht.

Um 2010, die letzte Staffel zu Hannah Montana war gerade abgedreht, begann Miley Cyrus unter ihrem eigenen Namen Musik zu veröffentlichen. Der Stil war tatsächlich sehr anders im Vergleich zum Hannah-Montana-Highschool-Rock. Pop war nunmehr angesagt. Mit klarem Fokus auf die Tanzflächen. Denn klar war, mit nunmehr 18 Jahren würde die Teen-Star-Nummer nicht mehr lange laufen können.

Der Image-Wechsel war nicht einfach. Einige der Kiddies blieben ihr wohl weiterhin treu, ein paar neue Freunde und Fans dürfte sie gefunden haben. Besonders ihre doch tendenziell eher aufreizend, laszive Inszenierung dürfte ihr auch ein paar männliche Käufer gebracht haben. Aber ganz so durchschlagend war es dann doch nicht mit dem Erfolg.

Miley und ihr Papa fielen jedoch nicht in Panik sondern arbeiteten einfach beharrlich weiter. The Yellow-Press hatte sie ohnehin schon als einen ihrer Lieblinge ausgemacht: Miley hier, Miley da. Mal etwas mehr, wal etwas weniger – immer aber gern genommen für einen (an den Haaren herbeigezogenen) Skandal. Irgendwann hatte also jeder und jede mal den Namen gelesen und wusste ungefähr, wohin dieser zu stecken war.

Und dann kam also in diesem Jahr im Oktober das Album Bangerz. Und mit diesem auch der wirklich große Erfolg als Solo-Künstlerin unter eigenem Namen. Nr.1 in den USA, in Großbritannien, Irland und in Norwegen, im Rest von Europa Top 5 mindestens - (fast) nur in Deutschland blieb mit Nr.9 der wirklich große Durchbruch irgendwie verwehrt.

Dann kam Markus Lanz. Und dann war auch plötzlich die Presse voll mit Miley hier und da. Durchgängige Meinung: Miley Cyrus - das ist der Popstar für die 2010er. Die Musik ... nunja, wohl doch eher durchschnittlich, aber was interessiert bei einem Star schon die Musik? (Ähem - der Hype um Lady Gaga lässt grüßen.)

Nach dem Auftritt dann aber doch: Wrecking Ball mutiert zum Verkaufshit. Erstmals findet man den Namen Miley Cyrus wirklich in den Listen der angesagtesten Schlager ganz oben. Na, da hat sich doch der Aufwand gelohnt.

Ganz ohne ätzenden Hohn: Wrecking Ball ist tatsächlich bei aller Durchschnittlichkeit, die man wohl nicht abstreiten kann, ein ordentliches Pop-Stück. Kraftvoll, mit einer ins Ohr gehenden Melodie, emotionsgeschwängert, plus einem Text, der auch was mit meinen Erfahrungen und Gefühlen zu tun haben könnte – und dazu Miley's Interpretation, die tatsächlich Platz für Gefühl lässt und deutlich authentischer daherkommt als die Dauerüberanstrengung einer Rihanna oder Überinszenierung der La Gaga. Ich würde sagen, die 21-jährige hat ihre Hausaufgaben gemacht und schafft den Sprung vom Teenie-Niedlich-Girl zum Pop-Act. Eventuell sogar zu einem, der selbst ein bisschen mitbestimmt, was da mit ihr passiert. Die Skandale, die gern um sie herum aufgebauscht werden, die hat sie nämlich fast immer selber forciert. Das ist nicht so schlecht. Vor allem, weil es sogar funktioniert, wenn sie sich einfach mal nicht in den Vordergrund drängt wie bei der Bambi-Verleihung. Würden sich das andere Medienhysterische trauen?

Wenn Miley Cyrus zukünftig ernsthaft die bestimmende Figur im Business werden könnte, dann wäre es um den Pop gar nicht so schlecht bestellt. Ich hab aber immer noch das Gefühl, dass die eher blutleeren, dafür aber umso lauteren Synthetik-Stars, erfolgreicher um Aufmerksamkeit buhlen und bei der willfährigen Masse mehr Anklang finden. Schade.

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