Freitag, 21. März 2014

AVICII: Addicted To You

Streich Nummer Drei aus AVICIIs Album True. Und wieder ist es ein countryeskes Dance-Pop-Stückchen. Und wieder nistet sich der Track mit jedem Hören mehr ein. Und wieder bleibt die Stimme fast anonym – gut unterrichtete Nerds wissen natürlich, dass der Gesang von Audra Mae aus Oklahoma stammt.

Lohnt sich hier eigentlich noch ein genaueres Hinsehen oder Hinhören? Welche Variante des Traums von der großen, ungebändigten Freiheit wird hier durchgespielt?

Zunächst mal kommt Addicted To You nicht ganz so stadionmäßig-volkstümlich daher. Das ist schonmal schön. Keine Chöre zum Mitgrölen. Und Audra Mae bleibt insgesamt auch angenehm authentisch. Es ist diesmal also nicht die alkoholgeschwängerte Verbrüderungshymne mit Familienanschluss. Es ist dieses Mal die Gangstergeschichte mit lesbischer Untermalung. Das Ganze verlegt in eine Zeit, die mindestens 80 Jahre her ist – oder 100? Um zu zeigen, dass das Ganze heute kein Thema mehr ist? Oder nur eine schöne Erinnerung? Oder auch eine stylish inszenierte Phantasie? – Das lässt sich nicht genau herausfinden. Zumindest wird hier ein Abstand zum heutigen und echten Leben erzeugt. Vielleicht, damit man besser auf das schauen kann, was daran aktuell ist.

Spannend auf jeden Fall ist, dass das “normale” Leben und der Alltag in diesem Video gar nicht so gut bei weg kommen. Die alten Säcke in der Kneipe sind genau das: schmierige, geifernde Sabberhengste – die haben nichts anderes verdient als ausgenommen zu werden. Der seriöse Bankangestellte ist alles andere als ehrlich: im größten Durcheinander sieht er zu, dass er noch ein paar Scheine in die eigene Tasche wirtschaften kann. Und der Kommissar mit seinen Scharfschützen ist insgesamt ein wenig zu glatt rasiert, zu smart und windschnittig – denen gönne ich, dass sie am Ende in die Luft fliegen.



Dass die beiden Heldinnen, mit der großen Sucht nach dem unverfälschten Leben und dem Glück nicht in ein Happy End fahren dürfen, liegt auf der Hand. Irgendwie lässt das unser Wertegerüst nicht zu. Selbst bei Quentin Tarantino sind die Bösen am Ende dann doch diejenigen, die ins Gras beißen. Wild und ohne Kompromisse gelebt, aber eben auch mit der Gewissheit, dass alles ganz schnell zu Ende gehen kann.

Ist das die Geschichte, die uns Addicted To You erzählt? Könnte sein, denn auch textlich ist da eher vom völligen Loslassen die Rede, von Auf- und Hingabe als von Sicherheit und Gewissheiten. So kann also auch ein Liebeslied klingen. Nicht schlecht.



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