Freitag, 18. Oktober 2019

RAF CAMORA Feat. Ghetto Phénomène:
Puta Madre



In Marseille stehen die Massen auf der Straße: schwarz gekleidet, männlich, testosteronstrotzend und grimmig und mit Leuchtraketen. Das ist die Welt von RAF CAMORA. Fußballstadion-Romantik, die das Recht des Stärkeren feiert. Oder auch der Masse. Hier geht's nicht um Individualität. Hier geht es um Gleichförmigkeit. "Komm mit Armee" - alle hören aufs Kommando. Gleichschaltung total. Gehirn aus.

Und einmal mehr frage ich mich: Warum gefällt den Massen dieser brutale Darwin-Hitler-Scheiß: nur der Härteste setzt sich durch und darf sich fortpflanzen? Sind die heutigen Musikkonsumenten so unfähig, unten, vergessen, Looser, dass sie sich wünschten, es wäre anders? Sie gehörten zur herrschenden Klasse?
Und auch das: Können alle nur noch feiern, wenn es anderen gleichzeitig dreckig geht? Glück ist nur, wenn sich andere dafür die Knochen gebrochen haben? Mit mir selbst hat das nichts zu tun - einfach nur hacken nach unten bis das Blut spritzt.

Wie Scheiße ist das alles eigentlich?

Und ich merke, wie ich mehr und mehr allergisch werde auf diese ganze dümmlich nachgeplapperte Ideologie von Herrscherrasse und Alphatieren. Ich sehe die ausgelassen feiernden Hools und denk mir: Schön, habt Ihr in eurem Ghetto viel Spaß. Wie lange eigentlich noch? Wenn die letzten Wesen niedriger Art zertreten sind, wohin geht ihr dann mit eurer miesen Laune? Selbstzerfleischung, so wie es die Mehrheit der Herren-Ideologie-Vereine immer wieder und wieder zelebrieren?

Da nutzt dann auch kein debil-infantiles Ausrasten mehr. Dann ist die Party einfach aus. Bis dahin: Feiert, was das Zeug hält. Der nächste Scheißtag ist schon fast da.



Natürlich krieg ich mich auch wieder ganz schnell ein mit meinem Gezeter. Erreicht ja niemanden. Denn es gehört zum guten Ton im Rap-Biz, dass man ordentlich posiert. Und möglichst noch krasser drauf ist. Alles Show - alles Blingbling. Unerreichbar für jede Art von Kritik.

Also Kopf aus und einfach den Sound richtig laut zulassen.

Funktioniert. Denn natürlich hat sich RAF bei Puta Madre wieder einen schönen Pop-Hookline-Beat drunter bauen lassen. Das erinnert so ein bisschen an 90er Jahre Nach-Techno-Hits im Mainstream. Die wollte keiner hören - abgefeiert wurden sie von den armen Würstchen dieser Welt trotzdem. RAF sortiert sich in diese Reihe schön ein - unvorstellbar erfolgreich - in spätestens fünf Jahren vergessen - und auf Oldie-Discos in 20 Jahren selbst dem DJ peinlich.

Aber nochmal: es ist nicht nötig, dass jeder Track für die Ewigkeit ist. Reicht, wenn es im Jetzt funktioniert. Und das tut es. Vor allem, weil kein Mensch den Text wirklich versteht - so lässt sich also ziemlich gut auf dem Dr. Alban-Sound abfeiern. In Endlos-Wiederholung. Und sogar abseits jener Mackerwelt, in die sich Raf Camora hineinkatapultiert hat. Könnte sein, dass Puta Madre dann doch auf irgendwelchen PlayLists "Das beste aus den 2010ern" drauf ist. Gratulation!



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