Freitag, 6. März 2020

Apache207 // prod by Lucry&Suena:
Matrix



Sowas passiert also, wenn Rapper politisch werden. Fünf Tage nach den Anschlägen in Hanau hat Apache einen Auftritt in der Late Night Berlin. Er präsentiert dort seinen neuen Track Matrix. Während des Auftritts, während er das erste Mal den Refrain intoniert, zieht er seine Lederjacke auf und zeigt sein T-Shirt mit der Aufschrift "Pray for Hanau". Das ist stark. - Vor allem, weil sich Rapper hierzulande vor allzu konkreten Stellungnahmen zum aktuellen Zeitgeschehen lieber drücken. Es ist einfacher, allgemeingültig verschwurbelt über Verhältnisse zu klagen. Dann lässt es sich auch einfacher als Nicht-Mehr-Opfer auftreten.

Bei Hanau ist es schwierig, sich als King zu inszenieren. Selbst Migrations-Hasser aus der AfD distanzieren sich schnell und wollen nichts damit zu tun haben.

Apache dagegen zeigt Haltung. Ganz simpel. Ohne große Inszenierung oder Lichtshow. Einfach ein T-Shirt und ein Song. Der dann plötzlich ganz anders klingt und unglaublich politisch und gesellschaftskritisch rüber kommt. Zum Vergleich mal einen dieser Best-of-Zusammenschnitt-Clips anschauen und schon wird klar, was belanglose Bilder mit einem Text machen. Nennen wir es: Macht des Kontextes.

Spannend ist dann auch, die Reaktionen auf die Lyrics zu sehen. Da wird durchaus mal aus dem Zusammenhang gerissen, nur in Teilen zugehört ... und plötzlich kommt etwas ganz anderes raus. Was meint Apache nun wenn er sprechsingt:
"Der eine wollt nur bisschen und bekam nichts,
der andere hat doch alles und beklagt sich,
wir sind dieser Fehler in der Matrix."

Vielleicht werden in 100 Jahren Schulklassen diesen Text zur Interpretation als Aufsatzthema hingelegt bekommen. Da kann man philosophieren ob es hier die Gier bzw. Bescheidenheit des Einzelnen ist, die gespiegelt wird - oder gleich komplett das kapitalistische System?

Eindrucksvoll auf jeden Fall ist der Diss auf die Fans, die ihn krampfhaft nachmachen - und scheinbar doch so gar nichts verstanden haben. Und die Größe mit der er Anfeindungen gegen sich selbst wegwischt. Das, was diese Worte so stark macht, ist vor allem die Behauptung, dass Apache etwas anderes tun kann, etwas anderes sein kann. Er ist nicht festgelegt auf eine Rolle: Macker, Prolet, Kanake oder Krimineller. Er switcht einfach durch sämtliche Klischees und Rollen hindurch. Mal Disco-Rollerblader, mal Vorort-Motorrad-Rocker... Das ist auch der Grund, warum Apache zurecht gerade einer der erfolgreichsten und ernstzunehmendsten RapStars ist.





Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen