Freitag, 31. Januar 2014

Lily Allen: Hard Out Here

Es war so um 2009/10 – Lily Allen war gerade unglaublich erfolgreich – und es war auch schön, dass da eine daherkam und nicht nur ohne Umschweife sagte, was sie dachte, sondern das Ganze auch noch in hübschen und eingängigen Popsongs tat. Da ließ die junge Künstlerin plötzlich verlauten, sie werde nie wieder eine CD aufnehmen, weil es sich nicht lohne, es werde doch eh alles raubkopiert und Geld verdienen könne sie so nicht.

Das war für mich ein ziemlicher Schlag in die Fresse. Ausgerechnet die Person, die etwas mitzuteilen hat, die Popmusik nicht einfach nutzt um 08-15-Produktionen in die Welt zu schleudern, ausgerechnet die will also 1. nie wieder etwas veröffentlichen und 2. eigentlich mit ihrer rotzfrechen Art offenbar auch nur das Eine: Geld verdienen. (Ok, sie auch gesagt, sie wolle sich jetzt mal ein wenig mehr um ihre Familie kümmern. Auch ein schöner Grund.)

Nun kann man einer Mittzwanzigerin vielleicht nicht verdenken, dass sie mit ihrem Talent zu Reichtum kommen will – das haben ihr einfach alle erzählt: So und so geht das und Musik ist ein vermarktbares Produkt. Einer Lily Allen hab’ ich das trotzdem krumm genommen. Das was sie über Frauenemanzipation und Schwulenrechte singt, ist also nicht einfach ein Bekenntnis, eines das um die Welt gehen sollte, vielleicht sogar egal wie – nein, das alles ist vor allem erstmal etwas, das ich kaufen soll. Politik und gesellschaftliche Veränderung nur für diejenigen, die es sich leisten können.

Das alles ist arg verkürzt – ja. Trotzdem birgt es doch einen gehörig wahren Kern in sich. Wer kann es sich schon leisten, auf Regierungen und übermächtige Gesellschaftsgruppen zu schimpfen? Kann ich an Einflussnahme denken, wenn ich täglich um mein Überleben kämpfen muss? – Ich fand trotzdem ziemlich doof, dass Lily Allen so sehr auf ihr Geld und ihre (Markt-)Rechte schaut und mochte ihre Songs nicht mehr so uneingeschränkt lieben.

Fünf Jahre später ist sie wieder da. So als wäre nichts gewesen. Nicht vergessen der ganze Trouble um Musikpiraterie (ihr Video ist legal auf youtube jedenfalls nicht zu bekommen – das muss man als Künstlerin auch erstmal wollen), und noch immer der Vorsatz: Mit meiner Musik mach ich erstmal Kohle. Zum Beispiel, indem ich sie für die allerübelsten TV-Shows lizensiere. Wie etwa Das Dschungelcamp. – Auch das muss man erstmal zulassen. Es wäre ihr gutes Recht gewesen zu sagen: Nö – für so'n Scheiß geb' ich meine Musik nicht her. Hat sie aber nicht gemacht.

Plötzlich scheint ihr großartig feministischer Song maximal noch zynisch. Lily Allen beschwert sich darüber, dass Frauen anders bewertet werden als Männer, dass sie vor allem als Sexobjekte inszeniert werden und das Ganze leitet fröhlich lustig eine Show ein, in der wer bitte nochmal das Dümmchen spielt? Oder hab' ich am Dschungelcamp jetzt was nicht verstanden und es ist die große Emanzipationsshow in der sexuelle Anzüglichkeiten überhaupt nie auf Kosten von Frauen gemacht werden?

OK – Musikvermarktung ist ein schweres Geschäft. Und im 21. Jahrhundert ist es vermutlich für niemanden mehr kontrollierbar, in welchen Zusammenhängen das Werk gestellt wird. Vergessen wir also den ganzen Dschungelcamp-Quatsch und behalten Hard Out Here einfach als kritischen und deutlichen Popsong in Erinnerung: Lily Allen hat wieder zugeschlagen. Sehr gut. Hoffentlich verstehen auch wirklich genügend Menschen, was sie da singt. Es würde sich lohnen.





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