Freitag, 15. November 2019

Apache 207: Doch in der Nacht

Das ist schon irgendwie auch erstaunliches Marketing: Apache 207 bringt seine Platte raus ... aber erst zwei Wochen später sind wirklich alle Tracks auch als Einzelstreams/downloads usw. verfügbar. Und obwohl die Komplettsammlung nun schon drei Wochen lang ziemlich weit oben in den Charts rangiert bringt sich Doch in der Nacht als höchster Neuzugang in Stellung. Wohlgemerkt: neben drei anderen Tracks von ihm, die sich schon eine Weile ganz gut halten. Das ist bei allem DeutschRapHype schon einigermaßen ungewöhnlich.

Noch besser: Sogar der selbsternannte Boss Kollegah hat ordentlich das Nachsehen. Ist vielleicht doch nicht nur verkaufsfördernd, wenn man so gar nicht einsichtig ist, dass problematische Lyrics nicht nur was mit Kunstfreiheit zu tun haben.

Apache 207 kommt zumindest bei diesem Track komplett ohne Rüpel-Slang daher. Und deswegen ist seine Geschichte nicht weniger brutal. Zwei, die sich anziehen und abstoßen, die sich brauchen und verlassen ... ein explosives Gemisch, indem die Emotionen hoch und runter kochen. Das fängt Volkan Yaman ganz gut ein. Und schmeißt es - wie durchaus schon einszweimal - auf einen flockigen 90er Jahre Sound.

Bei andern stößt mir das durchaus problematisch auf. Warum immer dieser Rückbezug auf dieses Scheiß-Jahrzehnt, das definitiv auch nicht besser war als das jetzige oder irgendein anderes? Bei Apache finde ich: Och - irgendwie ganz cool. Obwohl es ganz schön nach Snap oder Vorort-Loveparade klingt. Vielleicht ist das der Effekt, den dieser unsägliche Black Eyed Peas Track hervorruft, der super vormacht, wie ich die 90er wirklich auf gar keinen Fall wieder erleben mag. Bei Apache klingt es trotz aller Bezüge und Reminiszenzen doch noch 2019. Vielleicht weil seine eigenwillige Art des Sprechgesangs so vor 25 Jahren einfach nicht vorhanden war?

Oder weil Apache trotz aller Allüren keine Sekunde lang ironisch rüber kommt. Das was er erzählt ist genauso gemeint. Und deshalb trotzdem nicht frei von Widersprüchen. Er schafft es, zu all dem zu stehen. Zu seinen Abfälligkeiten und Gemeinheiten, zu seinen Schwächen und Unsicherheiten. Das ist schon ziemlich groß.

Vielleicht auch, weil Miksu & Macloud es hier einfach mal wieder ordentlich drauf haben: Treibende Background-Melodie, die sofort im Kopf ist und mich nicht mehr loslassen will. Und auch wenn es ein uraltes durchsichtiges Rezept ist - die Breaks und Beateinsätze funktionieren. Immer noch. Hat offenbar mal einen guten Grund gegeben, dass dieser Sound die Massen infizierte.

Vielleicht bin ich aber einfach auch schon viel zu sehr Fan von Apache. Weil er sich von der Menge der Star-Rapper dann doch genügend abhebt, er selbst ist. Und nicht noch schneller, doofer und brutaler sein muss. Kann ich sehr gut mit leben.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen