Freitag, 24. April 2020

DRAKE: Toosie Slide



22:20 Uhr - die Straßen sind leer. Corona, denke ich. Ausgangssperre - Haltet Abstand … und erfahre später im wikipedia-Artikel, dass es tatsächlich um genau das geht.

Ein vermummter Typ - DRAKE - scheint vor Schaufenstern zu stehen. Ach nein, er befindet sich mitten im Luxus-Kaufhaus. Selbst die sind geschlossen. Einsam. Auch ein schön apokalyptisches Szenario. Was bleibt übrig von all dem Glanz, wenn es keine Menschen mehr gibt?

Ach, das ist gar kein Kaufhaus? Das ist ein Wohnort - Drake's Wohnung. Drake's Schloss. Hier zeigt er es mal so richtig allen: Deutschrapper, nehmt das! So sieht Luxus aus. Das ist Erfolg.

Und ich denke: Wie unangemessen ist das denn? Drake in der Isolation, ganz allein. Aber Feuerwerk! - Na gut, wenn er sich selbst genügt.
Ich denk an König Midas. Ich denk an diesen Allerweltsspruch: "Erst wenn der letzte Baum gerodet ist, ... werdet Ihr merken, dass man Geld nicht essen kann."
Und ich denk: Auf was für einem Film ist dieser DRAKE eigentlich? Warum ist es ihm so wichtig in einer menschenleeren Stadt noch zu zeigen, was er sich alles leisten kann? Wem eigentlich?

Ah ja - den Menschen vor den Streamingkanälen. Die ziehen sich ja grad zu Hauf sein Zeug rein. Und wünschen sich raus aus ihrer kleinen Bude. Was würden sie dafür geben grade jetzt, wo alle unter Hausarrest stehen, mehr Platz zu haben?



Hat er gut hingekriegt der Drake. Alle Welt beneidet ihn. Das findet er gut. Wer auch nicht? - Und gleichzeitig ordnet er mit dieser Aktion seine viel beachtete Charity-Aktion um God's Plan neu und diesmal wirklich unmissverständlich ein. Es ging ihm nie um die Armen und Benachteiligten. Drake geht es vor allem darum, dass ihn andere bewundern. Und zwar für seinen Reichtum.

Natürlich jammert er auch ein bisschen rum: Wie scheiße die Freunde sind, die seine Groupies anmachen und auf seine Kosten abschleppen. Oh je - hier hat einer aber wirklich Probleme. Mein, dein ... und das dann auch noch aller Welt zu erzählen, wie ungerecht mit einem gespielt wird.

Der König will unangefochten auf dem Thron sitzen. Und er will Gönner sein. Gottgleich.

Dieses Ziel zu erreichen, setzt er gekonnt alle Strategien um, die man heute so drauf haben muss um Erfolg zu haben. Zunächst Virales Influencer-Marketing: Toosie plus Freunde haben diesen Move erfunden. Und schon ging die TikTok-Challenge los. Klar wird dann der Track, der ständig drunter liegt, auch zum Hit. Haben wir schon bei Regard so erlebt.Da darf der Song dann auch Mittelmaß sein.

Das ist für mich das eher Erschreckende: DRAKE gehört ohne Zweifel zu den einflussreichsten Künstlern der 2010er. Er hat auch wirklich den einen oder anderen wegweisenden Track produziert. Toosie Slide gehört da - zumindest in musikalischer Hinsicht - nicht unbedingt dazu. Das ist gut eingängig - ja. Und es klingt genauso gut austauschbar. Hab ich das nicht schonmal gehört? Diese Art, die Rhymes auf einen Beat zu legen ... schön reduziert ... und irgendwie auch gar nicht überraschend.

Dafür sind seine Verweise und Zitate eine wunderbare Fundgrube. Michael Jackson als Referenz zu einem albernen Dance-Move anzuführen ist natürlich auch lustig. Als Top obendrauf "Who's Bad?" und "Thriller" einbauen - das wäre zu schade, würde das in einer fulminanten Produktion untergehen. Hier kann ich also schon eine Menge Spaß haben. Und gleichzeitig den Gott der 1980er ordentlich albern finden. Dafür darf man Toosie Slide schonmal mögen.

Für mich ist das dennoch ein wenig dünn. Womit wir wieder bei der Mittelmäßigkeit wären. Vielleicht ist Isolation und Virtualität dann doch nicht so das Zaubermittel für Kreativität.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen